Geschichte der Anwendung von Arzneipflanzen

Die Geschichte des Heilens mit Pflanzen reicht so weit zurück, wie die Geschichte der Menschheit selbst (Bühring 2014, Muszynska et al. 2015). Die Pflanzenheilkunde gehört zu den ältesten medizinischen Therapien und die Verwendung von Heilpflanzen ist seit jeher auf allen Kontinenten und in allen Kulturen beheimatet. Hinweise deuten an, dass bereits im Paläolithikum Pflanzen zur Heilung verwendet wurden (Bäumler 2012).

Bedeutung von Pflanzen in der Medizin früher Kulturen


Die Verwendung von Heilpflanzen wurde in allen Hochkulturen der Frühzeit dokumentiert. Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen stammen aus Mesopotamien (ca. 2600 v. Chr.). In Keilschrifttexten wird von der Existenz eines hochentwickelten medizinischen Systems berichtet, das um die 1000 pflanzliche Arzneimittel beschreibt. Ebenso lang reicht die Medizingeschichte der Ägypter zurück (Atansov et al. 2015).

 

Das Wissen über den Einsatz von Arzneipflanzen in unserer westlichen Welt basiert hauptsächlich auf der griechischen und römischen Kultur. Pythagoras (ca. 6. Jh. v. Chr.) erkannte Heilkräuter als wichtigen Bestandteil der Pflege von Leib und Seele. Im 5. Jh. v. Chr. gab der berühmte griechische Arzt Hippokrates in seiner Schriftensammlung Corpus hippocratium genaue Anweisungen für die Verwendung pflanzlicher Heilmittel (Bäumler 2012, Bühring 2014).


Nach dem Untergang des Weströmischen Reich, ging ein großer Teil des medizinischen Wissens des Altertums verloren. Heilpflanzen verloren zunächst ihren Stellenwert, Heilung wurde v.a. durch Handauflegen und Gebete erhofft. Erst Karl der Große (747-814) unterwarf die Pflanzenheilkunde staatlicher Kontrolle und veranlasste Klöster das medizinische Wissen über Heilkräuter zu bewahren (Bäumler 2012, Bühring 2014).

Heilpflanzen im Mittelalter



Neuzeit


Die Erfindung des Buchdrucks ermöglichte es, das Wissen über Arzneipflanzen einer breiten Bevölkerung zugänglich zu machen. Nach der Bibel waren Kräuterbücher die meistgelesenen Bücher. Heilkräuter fanden im 16. und 17 Jh. vor allem Anwendung als Abführ- und Brechmittel, auch Klistiere waren sehr beliebt. Die Medizin dieser Zeit war bis dahin stark geprägt von der Vier-Säfte-Lehre des Hippokrates (Bäumler 2012). Erst der deutsche Arzt Robert Remak (1815-1865), der die Entstehung von Krankheiten durch Veränderungen der Zellen erklärte, löste diese Theorie ab.


Im 19. und 20. Jh. trat mit der Entwicklung von modernen, chemisch-synthetisierten Arzneimitteln eine entscheidende Wende in der Medizin ein. Die Phytotherapie wurde in den Hintergrund gedrängt.

 

Erst der Arzt Dr. Rudolf Fritz Weiß (1895-1991) verlieh der Pflanzenheilkunde eine wissenschaftliche Basis und legte mit der Gründung des ersten Lehrstuhls für Phytotherapie den Grundstein für die schulmedizinische Anerkennung dieser Therapieform. Er war Gründungsmitglied der Gesellschaft für Phytotherapie (1971).

 

Inzwischen haben pflanzliche Arzneimittel eine Renaissance erlebt und genießen heute ein hohes Ansehen. 60% der Patienten bevorzugen eine Behandlung mit natürlichen Arzneimitteln (Bäumler 2012, Bühring 2014).

Stellenwert von Arzneipflanzen heute